Was 2020 fast als „normales“ Jahr begann, geht bis heute in die Historie ein. Und wie es im Sport auch oft so ist, kommt es anders als erwartet – es war und ist noch voller Turbulenzen, geprägt von Unsicherheit und Überraschungen. Oft wird dabei über die gesellschaftliche Rolle des Sports gesprochen: Sport als Verbindungstück zwischen Menschen – auch über Grenzen und Sprachen hinaus, Sportler als Vorbild, Sport als Wirtschaftskraft, Sport als Innovator, Sport als Kontroverse. Klar ist, Sport ist (immer wieder) Spiegel unserer Gesellschaft.
Und trotz aller Höhen und Tiefen zeigt Sport auch immer wieder, was die schönste Nebensache der Welt in der Lage ist zu schaffen – Zusammenhalt, Solidarität, Unterstützung füreinander, Loyalität in Krisen, großartige Momente und Emotionen, richtungsweisende Lösungen und Haltung [nachhaltig: sozial, ökologisch und ökonomisch]. So erlebt der Sport aktuell eine herausfordernde Art der Professionalisierung und Kommerzialisierung durch das abrupte Ende von immer „höher, schneller und weiter“. Die Vereine haben sich im medienorientierten Sport zu gewerblich orientierten Wirtschaftsunternehmen emanzipiert. Der klassische Leistungsvergleich ist dem zunehmenden Anspruch an die Professionalisierung von Erfolg, sportlich und wirtschaftlich gewichen. Sport ist weiterhin emotional, flüchtig und wie sich darstellt von (zu teilen erheblichen) finanziellen Investitionen und damit verbundenen Abhängigkeiten (Medien, Mäzen, Sponsoren und Mitgliedern) geprägt.
Die Clubs sind mitten in der wohl härtesten „Challenge“ ihrer jüngeren Geschichte und müssen sich, ob ihrer Relevanz als Dreh- und Angelpunkt für ein umfangreiches Sport-, Unterhaltungs-, Wissens- und Partnernetzwerk für ihre Anspruchsgruppen (Stakeholder) beweisen. Dabei sind die Parallelen zur freien Wirtschaft nicht mehr von der Hand zu weisen. Die bekannte Problemstellung aus der Konfrontation von sportlichen Wettkampfgedanken und ökonomischen Interessen, bekommt weitere Dimensionen hinzu: Kommunikation und (Ver-)Handeln in der Krise sowie die Bereitschaft zu alternativen Lösungen (wohl meist digital und innovativ). Es zeigt sich nun, wer bereits in der Lage ist die verschiedenen Anspruchsgruppen zu kennen, zu koordinieren und dabei mit den geänderten Rahmenbedingungen zu agieren.
Die Komplexität des Vereinsmanagements drückt sich vor allem in der Quantität und Qualität der Anspruchsgruppen aus. Sind die handelnden Entscheider in den Sportvereinen heute mit über 13 verschiedenen individuellen und zu teilen pandemiebedingt veränderten Interessenlagen konfrontiert (u.a. intern: Lizenz-Spieler, Mitarbeiter, Management, Mitglieder, Investoren…; extern: Fans, Zuschauer, Medien, Sponsoren, Kommune, Wettbewerber, Fremdkapitalgeber, Vermarkter, Firmenkunden, Verbände, Ligaorganisation, Staat, …). Ergo ist das Involvement und der Dialog zwischen den Vereinen und ihren Stakeholdern elementar und erfolgskritisch. Denn diese möchten insbesondere jetzt nicht nur teilhaben, sondern mehr denn je ihre individuellen Ansprüche berücksichtigt und wenn möglich erfüllt wissen.
Die bestehenden Herausforderungen des Sports, die Vorausbestimmun von künftigen Entwicklungen der zu bedienenden Absatz- und Beschaffungsmärkte, werden erweitert um die aktuelle Situation des beschränkten persönlichen Zusammenkommens, der zunehmenden digitalen Kommunikation, dem steigenden alternativen Angebot des individuell gestaltbaren aktiven und passivem Sportkonsum und schon vorhandenen (Informations-) Overload. Kurz, die Situation ist komplexer und anspruchsvoller geworden.
Um jetzt eine operative bis strategische Handlungsbasis zu bilden, ist somit die Identifikation von erfolgskritischen Ressourcen und den relevanten Stakeholderbeziehungen mittels (strategischer) Analyse des Außen- und Innenverhältnisses des Vereins mehr als sinnvoll, nein notwendig. Sonst wird es bei zu erwartender anhaltender Situation katastrophal um die Zukunft des Vereinslebens stehen. Gemeinsam mit den Stakeholdern gilt es das Hier und Jetzt und damit die Zukunft zu gestalten. Als pragmatischen Ansatz sollten verantwortliche Entscheider sich die folgenden Fragen stellen, beantworten und systematisieren:
● Welche Anspruchsgruppen (Stakeholder) haben wir?
● Welche Interessen, Wünsche und
Ziele haben unsere Stakeholder?
● Inwiefern beeinflussen diese Interessen als Einflussgrößen (Level of Power
und Level of Interest) die sportlichen,
ökonomischen, wertebasierten und satzungsbezogenen Interessen des Vereins?
● Zu welchem Zeitpunkt des Management- und Wertschöpfungsprozesses ist welcher Stakeholder zu
berücksichtigen?
Die Vielfalt der Interessenlagen ist einzeln zu betrachten – Stakeholder für Stakeholder, Themengebiet für Themengebiet. Alleine Fans, Zuschauer und Mitglieder wünschen sich jetzt einen „ehrlichen“ Dialog und Lösungen sowie Angebote mit aktuellem
Zeit- und Werteverständnis. Sponsoren und Partner fordern schon lange einen
professionellen Umgang ein und erwarten eine auf lange Sicht hin wertschöpfende Geschäftsbeziehung, die speziell zugeschnitten ist. Die Beziehungen zu Sponsoren unterliegt einer realen Bewährungsprobe und das mehr denn je – auch die Wirtschaft ist bekanntlich in einer Ausnahmesituation. Es ist „Bewegung“ drin und damit verbunden auch eine großen Chance für Vereine, sich als besonderer Partner zu beweisen. Konkret über den „Shift“ in die digitale Welt und Responsibility-Ansätze (CSR
bis Nachhaltigkeit), der originär bereits mit dem Fördergedanken in vielen Definitionen von Sponsoring vorhanden
ist.
Den kompletten Artikel können Sie in der aktuellen Ausgabe des KOMPENDIUM Vereinsmanagement & Sportverwaltung der Stadionwelt (S.60/61) lesen.
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