Ein Beitrag von Stephan Peters, Geschäftsführer der Sportmarketing-Agentur Sports Pioneers Services und Marketingvorstand des VSD e.V. (Berufsverband der deutschen Sportmanager), über die wachsenden Möglichkeiten durch innovative Technologien in der Partner- und Kunden-Kommunikation.
Dieser Beitrag wurde in den Fachmagazinen STADIONWELT INSIDE Management 2018/19 und FOOTBALL BUSINESS INSIDE veröffentlicht.
Sponsoring ist tot – es lebe das Sponsoring“ so oder ähnlich lässt sich die jährlich wiederkehrende Stimmung in den beiden Lagern der Sponsorensuchenden und der zu akquirierenden Unternehmen beschreiben. Die aktuellen Sponsoring-Studien von Nielsen Sports und Co. zeigen auf, dass sich der Markt stetig weiterentwickelt und Sport und insbesondere Sportarten mit hoher Medienpräsenz, weiterhin eine sehr attraktive Werbe- und Kommunikationsplattform für Unternehmen darstellt.
Unternehmen haben die Qual der Wahl, wenn sie in Sportsponsoring investieren möchten. Sie können aus einer Flut an Möglichkeiten und Angeboten auswählen, die sie Woche für Woche erhalten. Klar ist, dass Unternehmen nur die Projekte auswählen (wollen), die zu ihnen passen und einen attraktiven Fit für ihre Marken, Zielgruppen und die jeweiligen Unternehmensziele aufweisen. Immer mehr mittelständische und Großunternehmen setzten hierbei auf zweierlei Filter. Zum einen kanalisieren sie die Vielzahl an Anfragen über eigene Online-Anfrage-Portale und selektieren die irrelevanten Anfragen automatisch aus. Zum anderen suchen sie selbst nach Sponsoringmöglichkeiten, nicht selten unterstützt durch Beratungsunternehmen.
Vermehrt stehen Sportler und Sportclubs vor der Mammut-Aufgabe, die immer weiter steigenden Budgets zu finanzieren. Der regionale, nationale und internationale Wettbewerb um die Gunst von Unternehmen ist enorm.
Kein Wunder also, dass die zentrale Herausforderung darin besteht, eine Chance zu erhalten, dass eigene Sponsoringkonzept vorzustellen.
Doch wie wird das Interesse eines Unternehmens geweckt?
Wie bekommt man Zugang mit echter Aufmerksamkeit?
Wie stellt man sich dem potentiellen Sponsor vor?
Wie kann die Sportart und die mit ihr verbundenen, besonderen Möglichkeiten für das Unternehmen erläutert werden?
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten der Sponsoringakquisition, die sich in der Sportbranche etabliert haben. Etwa das Massenmailing an Unternehmen mit angehängter Präsentation, die Telefonansprache mit anschließender Zusendung einer Präsentation bzw. Imagebroschüre oder die persönliche Ansprache auf Netzwerktreffen und Events etc. Zweifelsohne führen diese Maßnahmen auch zu Erfolg und dennoch ist das Herausstechen aus dem Wettbewerb so nur sehr selten möglich und es erfolgen eine Menge Absagen – wenn überhaupt eine Rückmeldung erfolgt. Gefragt sind also Kreativität und Mut, um sich von der Konkurrenz hervorzuheben. Ziel sollten spannende Inszenierungen sein, die einen als Partner attraktiv machen und so die Aufmerksamkeit von Unternehmen wecken.
Die Damen des französischen Ski-Nationalteams wählten 2016 beispielweise den „Sex Sells“-Ansatz und kreierten ein Video in dem sie im Bikini die Piste runterfuhren. Das Video wurde via Social Media verbreitet und mit der Webseite zum Sponsoringangebot verknüpft. Dabei wurden sechsstellige Views erreicht. Die Kölner Haie aus der DEL starteten im Sommer 2017 mit dem Mannschaftsbus eine Vermarktungsroadshow und akquirierten so regionale Sponsoren mit sechsstelligem Erfolg. Fußballdrittligist FC Hansa Rostock rief 2016 die Mikrosponsoring-Kampagne 3-2-1 bzw. 9-9-9 ins Leben, die dem Club bis heute erfolgreich hunderte Kleinsponsoren bescherte.
Auch wenn diese Maßnahmen Sportlern und Sportclubs viele (Klein-)Sponsoren, mit in Summe relevanten Erlösen ermöglichen und die Abhängigkeit von Großsponsoren reduzieren können, so ist die traditionelle Sponsoringpyramide – entgegengesetzt der „Baukunst“ – doch eher von oben als von unten zu bauen. Bekanntermaßen finanzieren Haupt- und Großsponsoren mit ihren Engagements den Großteil der Club-und Saisonbudgets. Doch wie bringt man einen Firmenchef dazu, sich mit einem hohen Betrag als Hauptsponsor zu betätigen?
Der FC Chelsea wählte schon 2015 einen spannenden und zugleich erfolgreichen Ansatz und versendete über 30 gebrandete Koffer an ausgewählte Unternehmen. Die Koffer waren u. a. gefüllt mit einem Trikot – individualisiert mit dem jeweiligen Firmenlogo. Den eigentlichen Clou der Maßnahme stellte dabei ein personalisiertes Video dar, mit dem der jeweilige CEO sein Unternehmen als neuen Sponsor des FC Chelsea und den damit verbunden Einbindungen rund um einen Spieltag in der Premiere League emotional visualisiert wurde. Jedes der adressierten Unternehmen reagierte auf die außergewöhnliche Ansprache und das japanische Unternehmen Yokohama Tires wurde sogar Trikot- und Hauptsponsor mit einem zweistelligen Millionenengagement.
Technologische Möglichkeiten nutzen
Drei Jahre weiter ermöglicht der technische Fortschritt und die damit verbundene Digitalisierung neue innovative Möglichkeiten für den Vertrieb im B2C- und B2B-Bereich – insbesondere im Sport. Heutzutage lassen sich bereits modernste Technologien wie Virtual- oder Augmented-Reality (VR/AR) einfacher nutzen, um eine neuartige Form der Ansprache zu kreieren. Das bietet Chancen, sich zeitgemäß und innovativ am Markt zu präsentieren und sich so von der Konkurrenz abzuheben.
Dieser Schritt Bedarf Mut und Raffinesse, setzt Reize auch bei eigentlichen verschlossenen Unternehmen und bietet Chancen, Neugier zu wecken und somit die Bereitschaft zu erhöhen sich mit der Sache (Club, Sportart, Sportler) auseinanderzusetzen. Wo eben noch eine Powerpoint-Präsentation oder ein Flipchart zum Einsatz kam, tragen CEOs oder Marketingchefs nun VR-Brillen und können sich in Eigenregie durch die digitalisierten Angebote bewegen. Analog zum Beispiel des FC Chelsea werden ganze VR-kompatible Imagefilme gedreht und den potentiellen Sponsoren mit Hilfe einer VR-Brille vorgestellt. Augmented Reality geht hier noch einen Schritt weiter und integriert in die Realität zusätzliche Grafiken, News und Videos.
Nach einer Studie des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) hat AR ein weitaus größeres Potenzial in mehreren Bereichen eines Unternehmens, während VR im Bereich der Marketingkommunikation eine höhere Relevanz aufweist. Der Einsatz von VR erzeugt insbesondere deshalb einen „WOW-Effekt“, da VR zwar bereits hohe Bekanntheit genießt, aber viele Menschen noch keinen Kontakt zu dieser Technologie hatten.
Das wohl aktuell bekannteste Beispiel aus Deutschland für den erfolgreichen Einsatz von VR für die Ansprache von Sponsoren haben sicher der Fußballbundesligist Fortuna Düsseldorf und der Sportrechtevermarkter Infront realisiert. Für die Akquise eines Hauptsponsors für die Saison 2017/18 wurde ein 360°-VR-Kurzfilm gedreht und individualisiert an potentielle Sponsoren verschickt. Das Überraschungspaket enthielt ein Smartphone auf dem der Kurzfilm gespeichert war und eine Virtual-Reality-Brille. So wurden die Verantwortlichen der angesprochenen Unternehmen in die Lage versetzt den ersten Heimspieltag als neuer Hauptsponsor „live“ zu erleben. Das Unternehmen Orthomol engagierte sich daraufhin als neuer Hauptsponsor.
Diese neue Form der Angebotspräsentation ermöglicht es Sportlern und Sportclubs, exklusive Einblicke in die emotionale Welt ihres Sports, ihrer Spielstätten und die Besonderheiten der Sponsorendarstellung in einer Tiefe zu vermitteln, die bisher so nur live vor Ort möglich war.
Die Anwendungsbereiche und Möglichkeiten zur Nutzung von VR im Sport sind vielfältig. Grundsätzlich sollte der Einsatz zielorientiert und effektiv geplant sein sowie der Kontext verkaufsfördernd, serviceorientiert und gewinnbringend gewählt werden. Keine Sportart sollte sich vor den Möglichkeiten dieser kreativen Maßnahme zur Sponsorenansprache verschließen. Darüber hinaus eignet sie sich zur Zuschauer- und Fangewinnung. Die VR-Technologie ist grundsätzlich für alle Sportarten geeignet besondere Situationen erlebbar zu machen, die zu einem „Wow“, „Aha“ oder „Oho“ führen können.
Anwendungsbeispiele hierfür sind:
- Die Begehung einer Sportspielstätte bzw. Stadions ohne vor Ort zu sein.
- Der Blick hinter die Kulissen (Backstage) oder in VIP- und Business Lounges und somit Räumlichkeiten zu betreten, die sonst nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sind.
- Den „heiligen“ Rasen oder Court zu betreten und dabei mitten im Stadion/in der Arena zu stehen.
- Platz zu nehmen auf der Trainerbank und das Spiel aus Sicht des Trainers zu sehen.
- In eine volle Arena mit Spielern einzulaufen.
- Die Perspektive eines Sportlers einzunehmen.
- Ein Meet & Greet mit Sportlern und/oder dem Management zu genießen.
- Extremsituationen „hautnah“ zu erleben.
- Interessante und wissenswerte Zusatzinformationen zu Aktionen und Personen abzurufen, sowohl als Bild und in Text.
Diese Art der Gamification ermöglicht es dem „Zuschauer“, sich selbstbestimmt durch das VR-Erlebnis zu bewegen und mittels gezielt platzierter Interaktionen detailliertere Informationen zu bekommen.
Die Hindernisse trotz aller Euphorie stellen aktuell noch das Storyboard, die Produktionskosten und die Anwendung der Virtual- Reality- Hardware dar.
Diese Form der innovativen Sponsorenansprache ist sicher kein Allheilmittel für den Vertriebserfolg und wird sicher nicht das persönliche Gespräch ersetzen, ermöglicht aber dennoch die Vermittlung von komplexen Angeboten in wenigen Minuten und erhöht dabei die Bereitschaft, sich mit der Anfrage auseinander zu setzen. An diesem Punkt muss sich der Sport mit seinen bisherigen Vermarktungsansätzen hinterfragen und auch neu erfinden, um eine zeitgemäße und attraktive Ansprache von Unternehmen zu realisieren.
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Liebe Leser,
gern unterstützen wir Sie bei der Kreation und der darauf aufbauenden Entwicklung der passenden Strategie mit unserem Know-How! Schreiben Sie uns oder rufen Sie doch einfach an. Wir beraten Sie gern!
Ausblick
Die Chancen und Grenzen von innovativen Sponsorenansprachen mittels Virtual Reality werden derzeit in einer Studie von Stephan Peters in Zusammenarbeit mit Dr. Sergej von Janda (Universität Mannheim, Lehrstuhl für Marketing & Innovation) untersucht (voraussichtliche Veröffentlichung: 2019).
Für Fragen, Anregungen und Beteiligungen dürfen sich interessierte Clubs und Unternehmen gerne unter service(Replace this parenthesis with the @ sign)spservices.de melden.
Über den Autor Stephan Peters
Der diplomierte Betriebswirt und Sportmanager (MBA) ist als Experte für Sportmarketing, Kundenbindung und Services seit über einem Jahrzehnt im Sportmarkt erfolgreich tätig. Als Geschäftsführender Gesellschafter von Sports Pioneers Services entwickelt er für Athleten, Vereine, Verbände und Unternehmen Kundenbindungs-, Marketing- und Sponsoringmaßnahmen in ganzheitlichen Kampagnen. Darüber hinaus ist er als langjähriger begeisternder Referent gefragt und als Vorstand für Marketing im Berufsverband der deutschen Sportmanager (VSD e.V.) aktiv. In seinen leidenschaftlichen Seminaren zu Sportsponsoring und Sporteventmanagement besticht der Hannoveraner durch das gezielte herausstellen der WOW-Effekte in akzentfreiem Hochdeutsch.
Nähere Informationen
Sports Pioneers Services: www.sportspioneers.de
VSD e.V. – Berufsverband der deutschen Sportmanager: www.vsd-online.de